Aus der Geschichte
der Kirche von Sandershausen

 

Die Kirche in Sandershausen wurde vermutlich im 14. Jahrhundert erbaut. Denn: Im Jahr 1392 wird in „Sandirtshusin“ zum ersten Mal eine Pfarrwiese erwähnt, so dass anzunehmen ist, dass es auch eine Kirche gegeben hat.
Während des 30jährigen Kriegs (1618-1648) wurde das ganze Dorf zerstört, auch die Kirche fast vollständig – bis auf die dicken Mauern.
Erst 1738 wurde sie wieder aufgebaut und dabei vergrößert. Ein Schlussstein über dem Portal zeigte diese Jahreszahl, bis sie durch Bombensplitter des 2. Weltkriegs unleserlich wurde.

Wie durch ein Wunder blieb die Kirche bei der Zerstörung Sandershausens durch Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs unversehrt. Jedoch am Tag nach dem großen Angriff, am 22.9.1944, ging sie in Flammen auf, möglicherweise durch Brandstiftung. Die Kirche brannte aus bis auf die Mauern. Leider gibt es außer der Erinnerung einiger älterer Sandershäuser Einwohner keine Zeugnisse mehr vom Innenraum. Nach dem Krieg hat man die Kirche wieder aufgebaut, dabei wurde der Turm erhöht und bekam statt der barocken Turmhaube ein zeltförmiges Dach aufgesetzt.  Vier steinerne Halbreliefs mit den Symbolen der Evangelisten Matthäus (Engel), Markus (Löwe), Lukas (Stier) und Johannes (Adler) wurden außen an der Westseite des Turmes angebracht. 1954 wurde die Kirche wieder eingeweiht.

1957 wurde das von Johannes Reinhold aus Kassel künstlerisch gestaltete kräftig-farbige Chorfenster mit einem Trinitätsmotiv (die Hand Gottes, des Schöpfers; das Lamm mit Kreuz als Christussymbol; die Taube für den Heiligen Geist) und einer Darstellung der Pfingstjünger eingesetzt. Es ist ganz im Stil der 50iger Jahre gehalten.

Johannes Reinhold, 1889-1983, Pfarrerssohn aus Röhrda, Schüler des Bildhauers Alfred Vocke, Absolvent der Kasseler Kunstgewerbeschule, Maler, Bildhauer und Pädagoge,  gehörte zur „Kasseler Sezession“(wie z.B. auch Arnold Bode, der  spätere Begründer der „documenta“). Sein bekanntestes Werk: das „Bombenopferdenkmal“ auf dem Kasseler Hauptfriedhof.

Die Orgel stammt aus dem Jahr 1964 und wurde von der hiesigen Orgelbaufirma Werner Bosch errichtet. Sie hat zwei Manuale, ein volles Pedal und 17 Register. Ein Rückpositiv ist bei der Renovierung 1984 hinzugefügt worden.

Damals wurde unter der Bauleitung von Prof. Helmut Slenczka ein bereits seit Anfang der 50iger Jahre vorhandener kleinerer Anbau, der auch als Gemeinderaum genutzt wurde, erneuert und erheblich vergrößert. Die nördliche Seitenwand der Kirche wurde dazu im vorderen Drittel entfernt und ein moderner Anbau mit Empore an dieser Stelle rechtwinklig angefügt, um 90 weitere Sitzplätze zu schaffen. Zugleich wurde das benachbarte Gemeindehaus erbaut, in das die alte Schule (Backsteinbau) und das alte Rathaus (Fachwerkbau) integriert wurden.

Zum Erntedankfest 2000 erhielt die Kirche aufgrund einer großzügigen Einzelspende und weiterer Spenden aus der Gemeinde fünf neue Glocken. Sie ersetzten die 1922 angeschafften Stahlglocken. Die neuen Glocken wurden in der Glockengießerei Albert Bachert in Heilbronn gegossen und erklingen in den Tönen e‘ –gis‘- fis’-h’-cis‘‘. Jede Glocke trägt als Glockenzier ein Halbrelief aus Bronze zu den Seligpreisungen von Karin Bohrmann-Roth, Bildhauerin aus Grebenstein. Das Tagesläuten um 7.45 Uhr, 11 Uhr und 18 Uhr erinnert an den Dienst der Läutejungen, die in früheren Zeiten vor der Schule, in der großen Pause und abends in den Turm stiegen, um von Hand zu läuten. Die neuen Glocken verfügen heute über eine Computersteuerung.

Inzwischen ist die Kirche erneut renoviert worden (Architekt Dipl.-Ing. Helmut Spitze aus Spangenberg). Im Jahr 2010 wurden das Mauerwerk und der Dachstuhl saniert, im Sommer und Herbst 2011 der Innenraum. Der Kirchenvorstand wünschte sich eine bessere Einbindung des Anbaus und eine stärkere spirituelle Ausstrahlung des Raumes und hat deshalb den Künstler Tobias Kammerer aus Rottweil beauftragt, einen Entwurf anzufertigen. Am 12. Februar 2012 wurde die renovierte und grundsanierte Kirche mit einem Festgottesdienst wieder in Gebrauch genommen. Künstlerisch gestaltete Fenster und neue Prinzipalstücke zum Thema „Schöpfung“ prägen den Raum, helle Farben geben ihm Weite. Die Wand- und Deckengestaltung durch Tobias Kammerer wurde wegen eines schweren Unfalls des Künstlers erst im August 2014 vollendet, ebenso das neue, aus Eisen geschmiedete Altarkreuz und die Leuchter.

 

Historische Angaben nach: Richard Wittich, Sandershausen im Wandel der Zeiten, 1958
Almut Krotz, September 2014